Geschäftsbeziehungen, besonders im Bereich Immobilien und Kapitalanlagen, werden über lange Zeiträume vertrauensvoll aufgebaut und gepflegt. Dann gibt es auch mal den Tag der persönlichen Entscheidungen. Ich fuhr am Dienstagmorgen wie üblich zu einem Meeting in einem Hotel in Ettlingen. Um 11 Uhr war das Treffen mit meinen zwei Kollegen. Ich bin aufgrund eines Staus 15 Minuten später angekommen. Meine Kollegen saßen bereits bei schönem Wetter draußen und tranken gemütlich ihren Kaffee und unterhielten sich. An diesem Tag war ich besonders angespannt und unruhig zugleich. Mein Herz rasste wie verrückt. In der Gesellschafterversammlung ging es hauptsächlich um die Planung vom Rest des Jahres 2017. Jeder sollte seine Ziele und Pläne schriftlich vorbereiten und mitbringen, damit wir das unterm Strich zu einem gemeinsamen Plan umsetzen.

Nachdem wir uns über Gott und die Welt unterhielten, kamen wir langsam zum wesentlichen Punkt. Endjahresplanung 2017. Mein Kollege A.K. hat angefangen zu erzählen, was er alles vor hat und verteilte auch die Schriftstücke die er vorbereitete. Nach etwa 30 Minuten kam dann W.H. zu Wort mit seinen Zielen und Plänen. Ich war als letzter dran.

Mein Herz schlug jetzt noch schneller. Für Solche Meetings bin ich in der Regel perfekt vorbereitet. Doch diesmal war alles anders.

Ich packte ein Block aus der Tasche, legte diesen auf den Tisch und sagte: „Ich habe keine Ziele mitgebracht, denn ich habe keine Ziele und Pläne mehr mit euch.“

Nach über 10 Jahren Geschäftsbeziehung, hat es mich viel Überwindung gekostet das zu sagen. Etwa 30 Sekunden war Stille. Mit einem angespannten Lächeln fragte ich spaßeshalber, ob es OK ist, dass ich den Kaffee noch zu Ende trinke oder lieber gleich fahren soll. Ich trank zu Ende, während meine Kollegen schockiert dasaßen. Wir sprachen noch kurz, wie wir die berufliche Trennung den anderen Kollegen verkünden und wie wir die weiteren Schritte sauber lösen. Klar denken konnte ich nicht mehr. Ich wollte jetzt nur noch weg.

Ich stieg ins Auto ohne zu verstehen, was gerade geschehen war. Kaum bin ich aus dem Hotel raus gefahren, gab es einen weiteren Stau. Auch das noch. Wütend versuchte ich über verschiedene Umwege den Stau zu umfahren. Nach einer Stunde war ich endlich wieder auf eine leere Autobahn zurückgekehrt. Mit über 200 Sachen fuhr ich mit Tränen in den Augen die Autobahn hinunter und verspürte Freiheit. Ein unbeschreibliches Gefühl zwischen Angst, Trauer und Freude zugleich. Die Heimfahrt ist mir wie eine Ewigkeit vorgekommen. In diesen 2 Stunden habe ich all’ die Emotionen der letzten 10 Jahren verspürt.

Das war mein persönlicher Independence Day – an diesem Tag war ich traurig und doch frei und glücklich zu gleich. Um solch eine Entscheidung zu treffen braucht man Mut. Meine Erkenntnis:

„Du brauchst nur 1% mehr Mut als Angst“  (Juri Angermann)