Ich liege in Mexico unter Palmen, vor mir das türkisblaue Wasser und das Meeresrauschen. Ich lasse die ganzen letzten Jahre Revue passieren. Ich habe alles erreicht. Ich bin 25 Jahre jung, verheiratet, ich habe fast die höchste Karrierestufe im Job erreicht, meine Diplome wurden mit 2er Durchschnitt abgeschlossen, ein 5-Familienhaus, welches sich fast von alleine abbezahlt, eine Küche in hochglanz-weiß mit Kochinsel und selbstreinigendem Backofen und ich fahre einen schönen schwarzen BMW.

Innerlich war ich bereit zum Sterben und wenn du in meine Augen geschaut hast, hast du Leere gesehen. Mein Körper hat 20 kg zugelegt, da ich Distanz zu allem aufbauen wollte. Ich habe mich gehasst, obwohl ich nach allen Kriterien glücklich sein musste. Ob ich Burn-Out, Depression oder sonst noch irgendwelche komische Sachen hatte, war mir ehrlich gesagt egal. Um sowas zu diagnostizieren, werde ich mir niemals die Zeit dafür nehmen und keine Energie um nach Problemen zu suchen, verschwenden.

Wichtig war: Mir sind zum ersten Mal in meinem Leben diese ganzen Fragen in den Sinn gekommen.

  • Ist das alles gewesen?
  • War’s das?
  • Ist es mein Leben oder bin ich für mehr bestimmt?
  • Bin ich bereit den Schritt zu gehen, alles im Leben zu verändern?
  • Die allerwichtigste Frage war: Bin ich bereit an mir selbst zu arbeiten?

“Es gibt nur zwei Tage in deinem Leben, an denen du nichts ändern kannst. Der eine ist gestern und der andere ist morgen.” Dalai Lama

Es kann sein, dass ich mich verrannt habe, ausgepowert und mir so richtig die Kante gegeben. Aber dafür wusste ich, zu was ich alles im Leben fähig bin. Meine wichtigste Erkenntnis war – ich habe nicht mein Leben gelebt. Es war ein Leben nach Vorstellung anderer, der Eltern, des Umfeldes und der Gesellschaft. Ich wollte die “perfekte” Tochter sein, alles im Leben “richtig” machen und habe gedacht, wenn man auf Papier verheiratet ist und ein Haus hat, dass man dann glücklich ist. Wenn ich mir mein Umfeld und den Freundeskreis angeschaut habe, war ich die “Erfolgreichste” – und im Freundeskreis habe ich sogar als Frau am meisten verdient. Ich habe mich gar nicht getraut nach “mehr im Leben” zu fragen, denn es ging mir so gut, dass bei jedem kleinen Gedanken ich dachte, dass ich nicht dankbar bin.

Mir wurde oft die Frage gestellt, wozu ich das alles gemacht habe. Die Antwort wurde mir selbst erst nach Jahren klar – um zu erkennen was mir wichtig ist und was ich vom Leben will. Zu was ich fähig bin und wie stark ich war, habe ich sogar geahnt – durch diese ganzen Projekte, Studiengänge, den Vollzeitjob und der Ehe hinweg – ich wusste es. Alles im Leben hat seinen Sinn, es trägt alles zur Entwicklung bei und sorgt für Wachstum. Meine Freunde hatten die Ansicht, es wäre alles umsonst gewesen, aber was sie dachten, hatte ich ja nicht zu bestimmen. Für mich hieß es, ich bin auf eine ganz andere Bewusstseinsebene gekommen, Richtung Freiheit und Unabhängigkeit. Ich wusste nur, dass bald viele Entscheidungen anstehen werden und ich hatte keine Ahnung wie sich alles in Zukunft entwickeln würde.

Deswegen ist es sehr gut, wenn wir manchmal an einen Punkt im Leben kommen, wo es einfach nicht mehr geht und wo man nichts mehr fühlt. Man existiert vor sich hin und genau in diesem Moment haben wir die Chance zu entscheiden, ob wir es ändern wollen. Ich glaube sogar die meisten Menschen kommen an diesem Punkt an, erkennen ihn, sind jedoch nicht bereit die Konsequenz zu ziehen und was im Leben zu ändern. Denn dazu muss man wenigstens bisschen „verrückt“ sein.