Am 24.12.2014 war ich noch so überhaupt nicht in Weihnachtsstimmung. Sowohl beruflich als auch privat hatte ich ein anstrengendes Jahr hinter mir und war froh, dass es sich dem Ende neigte. Als ich noch schnell am Briefkasten vorbeiging um Ihn ein letztes Mal zu leeren bevor es bis Sylvester zu meiner Familie ging, fand ich einen großen Briefumschlag von der IHK Frankfurt. Sofort bekam ich schwitzige Hände – dies waren entweder fantastische Neuigkeiten oder die Nachricht, dass ich mich selbst überschätzt hatte. Aber fangen wir ganz von vorne an.

Seit Januar war ich nun dabei die theoretischen Grundlagen zu erlernen, Prüfungen zu schreiben und trotzdem Kundentermine wahrzunehmen und Umsatz zu machen. Neben dem Grundwissen zu Versicherungen lernte ich Gesetzesparagraphen, rechtliche Hintergründe und Urteile sowie alles über die Abwicklung im Hintergrund (ein gutes Back Office ist in diesem Geschäft Gold wert!). Dem Thema KFZ Versicherung alleine widmeten wir mehrere Unterrichtstage. Wer hätte gedacht wie viel Arbeit, Regularien und Gesetze hier dahinterstecken? Im Gegensatz dazu steckt hier kaum ein Verdienst für den Vermittler dahinter. Überlegt es euch also gut, ob ihr euren Versicherungsmakler „mal schnell“ eine KFZ durchrechnen lasst.

Da im Januar 2013 ein neues Gesetz für Finanzanlagenvermittler erlassen wurde, dass eine weitere Qualifikation und Prüfung zur Voraussetzung machte, nahm ich dies gleich mit in Angriff. Das bedeutete zwar zusätzlichen Stress aber natürlich auch, dass ich schneller fertig sein würde und mich komplett der Praxis widmen konnte.

Am 08.12.2014 war es nun soweit. Die IHK Prüfung stand an und ich hatte die Nacht vorher kaum geschlafen, so aufgeregt wie ich war. Da ich den praktischen Teil vor einem Prüfungskomitee ablegen würde, hatte ich beschlossen ein Kleid zu tragen. Die Rechnung hatte ich jedoch leider ohne meine Strumpfhose und meine Nervosität gemacht. Nachdem ich die ersten zwei zerrissen hatte und nun schon knapp dran war, schlüpfte ich schnell in Jeans und ein T-Shirt und machte mich auf den Weg nach Frankfurt.

Dort angekommen wurde ich mit mehreren anderen Prüflingen in den Vorbereitungsraum gebracht und wir bekamen unsere Referenzfälle zugeteilt und hatten nun 60 Minuten Zeit uns vorzubereiten. Als mein Name aufgerufen wurde, begab ich mich in den Raum in dem der Prüfungsausschuss auf mich wartete. Die Präsentation des Falles lief gut und obwohl ich nicht mehr dazu kam meine Empfehlung für den Referenzfall auszusprechen, hatte ich ein gutes Gefühl.

Der Ausschuss zog sich zur Benotung zurück und ich wartete die längste halbe Stunde meines Lebens. Als der Ausschuss wieder in den Raum zurückkehrte, sahen mich alle mit ernster Miene an. Der erste Herr ergriff das Wort: „Frau Freynick, eine Bitte habe ich noch. Wenn Sie die theoretische Prüfung genauso souverän meistern wie die praktische heute – müssen Sie mir versprechen, dass Sie nie so gekleidet einen Kundentermin wahrnehmen.“ Ich machte einen Luftsprung vor Freude und sah an mir herunter – ich hatte tatsächlich in meiner Aufregung 2 verschiedene Schuhe angezogen.

Als ich nun an Weihnachten den Briefumschlag in den Händen hielt, wusste ich, dass dieser die Ergebnisse meiner theoretischen Prüfung und meine Gesamtnote enthielt. Mit zitternden Fingern riss ich den Umschlag auf und sah mir das Ergebnis an.

Ich hatte bestanden und war nun eine der jüngsten Vermittlerinnen Deutschlands mit der offiziellen Erlaubnis Anlagegeschäfte zu vermitteln.

Glücklich rief ich in meiner Geschäftsstelle an und machte mich auf den Weg zu meiner Familie – ein weiterer Schritt war geschafft.