Heute bin ich in meine neue Wohnung eingezogen und zum ersten Mal im Leben bezahle ich Miete. Es ist eine ganz neue Erfahrung für mich, denn vor paar Wochen sah das Leben noch ganz anders aus. Am 31.01.2015 bin ich morgens aufgewacht und habe für mich entschieden, dass das aktuelle Leben nicht meinen Vorstellungen entspricht – also habe ich mich entschlossen, komplett alles zu verändern.

An diesem Tag habe ich meinen Mann verlassen.

Mein Mann meinte zu mir, ich könnte ihn gar nicht verlassen, weil wir ja das Mehrfamilienhaus haben. Das ist das faszinierendste meiner Meinung nach: Menschen leben in diesen Illusionen und Abhängigkeiten, sowohl emotional als auch finanziell und denken, es ist Liebe. Sie zeigen die perfekte Familie nach außen und innen fühlen sie sich leer und unglücklich. Denn es geht um Kredite, Häuser, Geld und ‘Ehe’. In der Trennungsphase wurde ich am meisten gefragt: „Was passiert mit dem Haus?“. Es hat nur einzelne interessiert, wie ich mich gefühlt habe, und ich habe mich tatsächlich viel besser gefühlt. Meine Eltern unterstützen mich immer und sie meinten nur: „Schatz, wir wollen wieder dein Lächeln sehen.“ Das ist das, was Eltern wollen, sie wollen die Kinder nur glücklich mit Lächeln im Gesicht sehen.

Doch was passiert jetzt mit dem Haus? Mein Mann war – wie die letzten paar Jahre mal öfters – arbeitslos, deswegen wusste ich, dass die Verantwortung für das Haus und die finanzielle Abdeckung auch immer noch auf mir bleiben würde. Als ich die Entscheidung getroffen habe, habe ich mir geschworen, ich werde auf drei Jobs arbeiten um das alles finanziell abzudecken, wenn es nötig wäre, aber ich werde keinen einzelnen Tag mit diesem Mann in diesem Haus mehr verbringen.

Ich muss ehrlich sagen, über das Haus und was damit passieren wird, habe ich gar nicht nachgedacht, es war wahrscheinlich mein Fehler. Ich wusste, es wird schon eine Lösung geben. Da mein Mann keine einvernehmliche Einigung mit mir treffen wollte, musste ich zur anwaltlichen Beratung gehen. Ich habe ihm vier Möglichkeiten vorgeschlagen:

  1. Ich übernehme das ganze Haus und vermiete es (mit der Bank bereits abgeklärt)… ich könnte es auch alleine tragen.
  2. Wir teilen das Haus auf und ich erhalte zwei der vermieteten Wohnungen.
  3. Er übernimmt das Haus und zahlt mich aus (es war nur unmöglich, weil zur Auszahlung waren keine Mittel da und er war arbeitslos). Das heißt auch die nächsten Jahre, würde es nicht gehen.
  4. Wir verkaufen das komplette Haus. Da würden wir beide mit Schulden rauskommen und das größte Problem war, seine Eltern sind mit in eine der Wohnungen eingezogen, ohne im Grundbuch eingetragen zu sein.

Als ich von der Anwältin kam, wurde es noch schlimmer. Ich habe erfahren, dass ich als ‘die wirtschaftlich Starke’ in der “Familie” meinem Mann noch Unterhalt bezahlen müsse, die Differenz der monatlichen Belastung für das Haus sowieso und zusätzlich den Rentenausgleich, weil ich ja die letzten Jahre gut Geld verdient habe. Ich war in einer Zwickmühle. Jetzt habe ich verstanden, warum es teilweise leichter ist, einfach ein Leben zu leben und sich mit solchen Entscheidungen nicht zu befassen.

Ich musste für mich abwägen, was mir wichtig war. Auf der einen Seite stand das Haus, Eigenkapital, welches ich mit reingebracht habe, Vermögen – damit verbunden wären als Konsequenzen fünfstellige Anwaltsbeträge, jahrelange Prozesse und ein paar Jahre immer noch „mit diesem Leben“ verbunden. Auf der anderen Seite, war Freiheit, ein Neuanfang, die neue Chance, wieder alles von vorne von Null auf zu beginnen und das mit 25 Jahren.

Ich hatte mich entschieden – das Haus habe ich einfach überschrieben, ohne Gegenleistung dafür in materieller Form zu erhalten. Ich sagte zu mir, ich werde noch etliche von solchen Häusern haben und dieses Kapital, was ich eingebracht habe, werde ich schon bald als mein monatliches Einkommen auf mein Konto fließen sehen. Das Wichtigste habe ich mitgenommen – das bin ich, mein Wissen, meine Persönlichkeit, meine Werte, meine Prinzipien.

Also Neuanfang.