Könnt ihr euch an euren ersten Schritt erinnern? Natürlich nicht, aber wir sehen oft Babys ihre erste Schritte machen. Und wie sehen sie aus? Etwas wackelig und ungeschickt, instabil, gehen oft daneben, sodass man hinfällt – und dennoch brennen die Augen vor Begeisterung.

Am liebsten hätten wir jemanden Vertrauten neben uns, der unsere Hand hält und uns somit Halt gibt. Eigentlich ist es ganz einfach – uns fehlt es an Übung und Erfahrung, denn dadurch werden wir viel sicherer, in dem was wir tun. Wie war es das erste Mal Auto zu fahren? Das erste Mal zum Chef zu gehen und nach Gehaltserhöhung zu fragen?

Dieser erste Schritt ist immer der Schwierigste – rückblickend, lohnt er sich doch am meisten.

Wir haben Angst vor unvorhersehbaren Situationen, vor Ungewissheit und vor allem vor Veränderung. Am liebsten wäre es uns, wenn wir eine „Erfolgsgarantie“ im Vorfeld als Stempel erhalten würden. Viel zu oft fangen die Zweifel an und wir fragen uns: „Was passiert, wenn es nicht klappt? Was denken die anderen über mich? Was ist, wenn es daneben geht?“

Erkennst du dich hier wieder?

Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, staune ich über meine getroffene Entscheidungen. Manchmal weiß ich gar nicht, ob ich nochmal denselben Mut hätte dieselben Entscheidungen zu treffen. Doch mir wurde letztes Jahr, als ich einen Bungee-Sprung gewagt habe, einiges klar im Leben. Es war schon seit ein paar Jahren ein Traum von mir und irgendwann wurde es zum Ziel, somit stand es auf der Liste.

Dieser Tag war gekommen, als ich mit meiner Freundin spontan nach Den Haag gefahren bin. Ich wusste damals gar nicht, dass dieser Traum in Erfüllung gehen würde. Als wir am Strand viele Schreie gehört haben, sind wir auf die Bungee Station aufmerksam geworden. Die Entscheidung war getroffen – ich werde springen! Dieses Kribbeln im ganzen Körper habe ich verspürt, als ich zur Kasse gelaufen bin, um das Ticket zu kaufen. Nachdem ich das Ticket bezahlt habe, wusste ich, es gibt kein Weg zurück mehr.

Genauso ist es im Leben auch: Die Entscheidung haben wir schon längst getroffen – und nun bleibt es auf die Gelegenheit zu warten.

Auf dem Weg nach oben sind mir tausend Gedanken durch den Kopf gegangen – das ist dieser Moment, wo die meisten noch die Gelegenheit zum Rückzug ergreifen, wenn die Angst vor diesem Schritt Macht über die hernimmt. Doch nicht bei mir, wenn ich mich zu irgendwas entschlossen habe, dann wird durchgezogen ohne der Versuchung an der Entscheidung zu zweifeln! Natürlich hatte ich auch Angst, ich würde es sogar als Panik und großen Respekt beschreiben, doch im letzten Moment habe ich mich bewusst dafür entschieden, soweit es ging den Moment zu genießen und die Angst in Freude umzuwandeln. Als wir oben angekommen sind, und ich mich in Richtung Meer umdrehen musste, wusste ich – es sind nur noch Sekunden bis zum Absprung. Wenn ich jetzt kapitulieren würde, dann würde ich mich umso mehr darüber ärgern und den Respekt vor mir selbst verlieren.

Nun, auf 90 m Höhe fängt mein Instruktor an zu zählen: „Drei, zwei“… und schon fühle ich nichts, höre ich nichts, sehe ich nichts.

Es war so, als hätte ich für paar Sekunden nicht existiert. Bis mich das Seil wieder nach oben gezogen hat und ich realisierte, dass ich tatsächlich gesprungen bin. So laut geschrien, habe ich in meinem Leben noch nie! Es war eine der intensivsten Erfahrungen auf physischer Ebene, die ich je erlebt hatte. Mein Befreiungsschrei! Mit diesem Schritt, habe ich sehr viel für mein Leben mitgenommen.

Zum einen war ich sehr stolz auf mich, sowas Mutiges wieder gemacht zu haben. Zum anderen, wurde es mir bewusst, wieviel Spaß man im Leben verpasst und Chancen über sich hinauszuwachsen nicht wahr nimmt, nur weil man die Entscheidung nicht trifft. Hatte ich eine Garantie, dass alles gut geht und das Seil nicht reißt? 100% Garantie gibt dir keiner!

Diesen Mut aufzubringen und wortwörtlich den Sprung ins Ungewisse zu wagen, ist das, was uns auch tatsächlich die besten Erfahrungen im Leben nehmen kann – einfach nur weil wir uns von vornherein nicht trauen. Bei zwei bin ich gesprungen, weil ich wusste wenn ich mich das nicht traue, dann schubst mein Instruktor mich und somit würde er mir meine Entscheidung den Zeitpunkt abzupassen, wegnehmen. Das wollte ich nicht.

Ich will selbst meine Entscheidungen treffen.